Langsam läuft eine Träne aus meinem wässrigen Auge, überwindet sich, durch die Wimpern zu kriechen. Minuten vergehen. Und die Träne läuft, langsam lässig die Wange herunter. Mein durchgeschwitzter Körper zittert, voller Kälte, die um die feuchte Haut scheinbar geweht kommt. Ein Zweiter, der vielleicht hätte pusten können, ist nicht im Raum. Der Raum ist kahl und kühl gebaut. Und ich? Ich sitze auf meinem Stuhl, vor meinem weit geöffneten Fenster, sehe die Natur, vereinzelt Bäume zwischen den Hausdächern hervorsprießen. Ganz weit in der Tiefe sind Hochhäuser, so klein, wie große Elefanten. Der Himmel ist blau, Königsblau mit weiß verflossenen Wölkchen. Ich höre das Geschrei der spielenden Kinder an der Sandkiste und das Gebrüll der Fußballfans, die etwas weiter einem Spiel folgen, in dem wohl gerade ein Tor gefallen ist. Unter der geschlossenen Tür kriecht der Geruch eines fertigen Mittagessens hervor, welches es die letzten Wochen nicht gab. Es wird also Zeit, ein solches einzunehmen, doch trotz knurrendem Magen will ich heute keines zu mir nehmen. Ich bin gerade von der Schule gekommen und habe mich in mein Kinderzimmer zurückgezogen. Lust auf weitere Gespräche konnte ich wirklich nicht entwickeln. Auch Hausaufgaben haben heute keinen Platz. Ich bin mir wichtiger und packe meine Sachen.

(2.5.1999)