„Schlucken“, hallt es, ich bin davon schreckhaft aufgewacht. Ich erinnere mich: „Ich bin doch im Krankenhaus, oder?“ Eine schwarze, schleimig, schöne Stimme antwortet: „Jawohl“. Ich nehme es kurz, knapp, kommentarlos auf: „Ja, wohl…“, und spinne weiter, „…schlecht geschlafen?“ Ich blicke in den großen Raum: Das Licht ist aus. Die Gardine zugezogen, dahinter großes Fenster. Schwarzer Mann: schleimig, schöne Stimme; Gruppe weißer, geschlossene Tür dahinter. Rechtecke an den Wänden, wahrscheinlich Bilder. Unscharf. Klein. Schnur, am Anfang: Dose, am Ende: ich. Ruhe. Stille. Ich will plaudern, habe Ideen, will fragen und suche Antworten. Mein Mund war offen, fällt mir auf, nachdem ich ihn schloss. Ich will reden. Ich stehe auf, reiße an der Schnur, laufe zu den Gardinen und werde zurückgezogen. „Wo willst du hin?“, fragt mich der zurückziehende Weißgekleidete. Ich gebe dem Schwarzen Antwort: „NEIN, einigermaßen gut.“ Dabei fällt mir ein kleines weißes Ding aus dem Mund. Ich stehe auf, bücke mich und suche danach. Im nächsten Moment verfließt die weiße Gruppe. Einige suchen; Andere öffnen die Tür und drängeln sich gegenseitig raus. Ich verliere das Interesse an dem Ding und setze zum Rausstürmen an. Dabei fallen mir die nun scharfen, Bilder auf. Ich sehe sie mir genauer an und stelle fest: Es hängen gar keine Bilder da. Es sind nur noch kraftvoll–grüne Rechtecke an der verbleichten Wand zu erahnen. Der Schwarze guckt. Ich renne los. Wieder fällt mir ein Bild auf, diesmal ein scharfes, echtes Schaf. Ob es wohl scharf ist? Ich probiere es, es schmeckt allerdings überhaupt nicht und scharf schon gar nicht. Ich laufe weiter. Der Schwarze verfolgt mich. Ich springe über die Türschwelle und bleib‘ augenblicklich stehen. Ich verstehe, dass ich inmitten eines Gebäudes bin. Ich weiß, dass es die Mitte ist, sowohl rechnerisch, als auch geometrisch. Ich drehe mich um und stehe vor meiner Zimmertür, ich warte auf den Schwarzen. Sekunden später kommt er herausgeschossen, blickt nach links, dann nach rechts, sieht geradeaus und fragt mich, wo der Verrückte ist. Ich weiß, dass er mich meint. Ich antworte mit tiefer, verstellter Stimme: „Wer ist hier wohl verrückt?“ Im nächsten Augenblick merke ich, dass ich die Regeln meines Spiels verletzt habe und verbessere: „In die Freiheit, Weißer.“ Ich sehe ihm an, dass er registriert, dass der „Verrückte“ vor ihm steht, dazu noch außerhalb des Zimmers. Weiterhin kann ich ablesen, dass er versteht, dass er der Verrückte ist. Er dreht sich um, nimmt Anlauf und springt durch die Gardinen. Die Weißen haben inzwischen die Tablette gefunden, sie kommen auf mich zu. „Schlucken Sie die Tablette!“, befiehlt einer. Ich sehe die kleine, weiße Tablette in der geöffneten Hand des Weißen. Ich nehme die Tablette, klebe sie in eines der Rechtecke an der Wand meines Zimmers und spreche dazu: „Das ist Kunst.“ Alles in der grünen Hoffnung recht zu haben. Ich habe recht.

(2.2.1999)